DRK-Kreisversammlung: Nichts ist selbstverständlich
Dank und Rückblick bei der diesjährigen Versammlung in Waldburg.
Fester Bestandteil des Jahreslaufs ist die Kreisversammlung des DRK-Kreisverbandes Ravensburg, die dieses Jahr im Juli vom DRK-Ortsverein Waldburg ausgerichtet wurde. DRK-Präsident Dieter Meschenmoser dankte den vielen Aktiven, die sich im DRK für ihre Mitmenschen einsetzen, mit den Worten: „Selbstverständlich ist nichts von dem, was Sie alle tun.“
Beklemmende Eindrücke von der Front
Zunächst schilderte Jürgen Specht vom DRK-Ortsverein Wilhelmsdorf den Anwesenden seine beklemmenden Erfahrungen: Er gehörte zu den ersten, die nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine an die Frontlinie fuhr, um dort zu helfen. Für diesen Einsatz im Auftrag der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbemondbewegung (IKRK) erhielt er im Laufe des Abends auch das silberne Ehrenzeichen, die zweithöchste Ehrungswürde des DRK.
Engagierte „Schutzengel“
In seinem Bericht stellte DRK-Präsident Dieter Meschenmoser die wichtigsten und neuesten Themen des DRK-Kreisverbandes vor, der mit rund 1650 Helferinnen und Helfern sowie über 180 hauptamtlichen Mitarbeitenden und über 729 Beschäftigten bei der Rettungsdienst gGmbH zu den größten in Baden-Württemberg gehört. Die Einsätze der helfenden „Schutzengel“ reichen von qualifizierter Erster Hilfe in Notfallsituationen über die Betreuung von Blutspenderinnen und -spendern, der Mithilfe in Tafel- oder Kleiderläden für Menschen mit wenig Geld bis hin zur Betreuung von demenziell erkrankten Menschen. Die Kampagne „Schutzengel“, die noch 2023 starten soll, hat zum Ziel, neue Helferinnen und Helfer für die wertvolle Arbeit des DRK zu gewinnen.
Fortbildungen machen fit
Besonders hob er das Fortbildungsformat „Rotkreuztag“ im vergangenen Herbst hervor. Bei verschiedensten Workshops gab es geballtes Wissen rund um die tägliche Arbeit beim DRK – von medizinischen Themen bis Selbstverteidigung. Die 19 Referierenden kamen sowohl vom DRK als auch von der Freiwilligen Feuerwehr oder dem DLRG. Rund 90 DRK-Aktive nahmen teil.
Blackout, Gasmangellage und Notvorsorge waren Begriffe, die im vergangenen Winter viele Menschen geängstigt haben. Der Kreisverband griff dies damals sofort auf und reagierte mit einem neu entwickelten Schulungskonzept. Im Rahmen von Kursen erfahren Bürgerinnen und Bürgern, wie man solche Krisensituationen persönlich und auch gemeinschaftlich meistern kann. Die Schulungen finden sowohl in Senioren- und Nachbarschaftstreffs sowie in Schulen und im öffentlichem Rahmen statt.
Psychosoziale Begleitung von Kindern und Jugendlichen
Bei Unfällen oder Katastrophen sind auch Kinder sehr häufig direkt oder indirekt betroffen. Sie benötigen meist eine andere emotionale Unterstützung als Erwachsene: Bisher werden sie jedoch noch oft unzureichend begleitet oder gar allein gelassen. Der DRK-Kreisverband will dies zusammen mit Partnern ändern. An einer Konzeption für die „psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) von Kindern“ haben Studierende der Hochschule Weingarten, Prof. Dr. Renate Schepker aus dem ZfP Weissenau und das ehrenamtliche Leitungsteam der PSNV des DRK, Ulrike Schmid und Michael Schulz mitgewirkt. Im April dieses Jahres konnte das DRK mit den entsprechenden Einsätzen starten. Gemeinsam mit der PSNV anderer Hilfseinrichtungen, der Polizei, der Notfallseelsorge von Polizei oder Feuerwehr und dem Jugendamt ergibt sich so ein Netz, um Kinder und Jugendliche in Krisen professionell zu begleiten und weiterführende Hilfeangebote zu vermitteln.
Wie lernen Kinder Erste Hilfe?
Erste-Hilfe-Kurse für Erwachsene sind nichts Neues, aber wie lernen Kinder, was bei Notfällen zu tun ist? Ganz einfach: spielerisch. Der DRK-Kreisverband hat hierfür ein besonderes Angebot im Rahmen von Kindergeburtstagen. Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren lernen ungezwungen einen Notruf abzusetzen, Kopf-, Ellenbogen- oder Handinnenflächenverbände anzulegen. Auch das Verhalten bei Bewusstlosigkeit ist ein Thema, das die professionellen Lehrkräfte kindgerecht vermitteln. Die Erfahrungen zeigen: Die Kinder sind mit viel Spaß dabei und freuen sich über die Urkunde, die sie für die Teilnahme erhalten.
Wer hätte es gewusst?
Anhand von Quizfragen stellte Meschenmoser auch die beeindruckenden Leistungen der Rettungsdienst Bodensee-Oberschwaben gGmbH dar, an der der DRK-Kreisverband Ravensburg Gesellschafter ist. Die richtigen Antworten lauteten: Alle Einsatzfahrzeuge legten im Jahr 2022 2,9 Millionen Kilometer zurück. Der Rettungsdienst fuhr sage und schreibe mehr als 54 000 Einsätze und war im Schnitt nach 8,51 Minuten am Notfallort.
Sorgenkind Katastrophenschutz
Zunächst bedankte sich Dieter Meschenmoser bei Staatssekretär Benjamin Strasser und dem Ersten Landesbeamten Dr. Andreas Honikel-Günther für den Einmalzuschuss über 73.000 Euro, die der Kreistag im Dezember 2022 beschlossen hat. Dem ließ er die Hoffnung folgen, dass daraus eine jährliche Unterstützung wird. Bedauerlich findet Meschenmoser, dass die Themen Katastrophenschutz des Landes Baden-Württemberg und der Zivilschutz des Bundes problematische Dauerthemen sind. „Geradezu verzweifelt versuchen wir mit viel Arbeitsaufwand, hohen Eigenmitteln von weit über 300.000 Euro des Kreisverbandes und der Ortsvereine, das System am Laufen zu halten“, untermauerte er dies.
Finanzielle Ausstattung ist unzureichend
In dem Zusammenhang hatte er dennoch auch Positives zu vermelden: „Im Katastrophenschutz des Landes haben wir mit sechsjähriger Verzögerung endlich zwei Mannschaftstransporter für je ein fehlendes und ein rund 23 Jahre altes Fahrzeug erhalten“, so Meschenmoser. Auch dass das Land im Doppelhaushalt 2023/24 je 12 Mio. Euro für den Gesamtbereich vorsieht, ist gegenüber 7,5 Mio. ein deutlicher Zuwachs. Allerdings steht dieser Summe der Betrag von 25 Mio. Euro gegenüber, die allein die Katastrophenschutzeinheiten des Landes jährlich benötigen.
In ganzen Fachbereichen gebe es gar keine substanzielle Ausstattung mehr. Konkretes Beispiel aus dem Landkreis Ravensburg: Von acht Krankenwagen sind sechs älter als 24 Jahre. Sie werden in absehbarer Zeit fehlen. Diese Situation können Hilfsorganisationen und Landkreis nicht allein stemmen. Die unzureichende finanzielle Ausstattung des Bevölkerungsschutzes durch Bund und Land sind für Meschenmoser ein falsches Signal in einer Zeit, in der die innere Sicherheit so wichtig scheint. „Das, Herr Staatssekretär Strasser, bitten wir doch insbesondere nach Berlin mitzunehmen“, so Meschenmoser abschließend.
Erweiterung im DRK-Präsidium
Neu in das ehrenamtliche Präsidium des DRK- Kreisverbandes Ravensburg e. V. wurden als stellvertretende Vorsitzende Bürgermeisterin Simone Rürup und die Biochemikerin Frau Dr. Janina von Watzdorfgewählt Frau.