Psychosoziale Notfallversorgung als wertschätzender Brückenbauer
Persönliche Schicksalsschläge können Alt und Jung treffen.
Schicksalsschläge und Notfälle gehören glücklicherweise nicht zur Tagesordnung des Einzelnen. Aber wenn sie Menschen persönlich treffen, dann werfen solche Ausnahmesituationen die Betroffenen aus der Bahn. In der Akutphase hilft die Psychosoziale Notfallversorgung, kurz PSNV, des DRK-Kreisverbandes Ravensburg. Für das Team sind Einsätze nahezu an der Tagesordnung.
Unfälle, Überfälle, Suizide, Zusammenbruch mit Herzstillstand: Persönliche Schicksalsschläge haben unzählige Gesichter und können Alt und Jung treffen. Für Angehörige und nahestehende Personen sind sie immer ein Schock. Ein Ausnahmezustand. „Besonders schwierig ist es, wenn Kinder betroffen sind“, sagt Ulrike Schmid, die zusammen mit Michael Schulz das Sprecher-Team der PSNV bildet. Reanimationen machen die Hälfte der PSNV-Einsätze aus. Auch Suizide sind keine Seltenheit. Alles Situationen, die Angehörige vor eine besonders starke psychologische Belastung stellen.
Gute Zusammenarbeit
Mit mindestens zwei Personen rückt das PSVN-Team zu Notfällen aus. Sie kümmern sich um Opfer und Betroffene, je nach Bedarf aber auch um Einsatzkräfte, Ersthelfer und Unfallverursacher. Im Jahr 2021 leistete das elfköpfige Team vom DRK-Kreisverband 65 Einsätze mit rund 350 Stunden. Die Einsätze dauern häufig zwischen drei und sechs Stunden. Bei umfangreicheren Notfällen oder Großschadensereignissen werden mehr Personen vom PSNV-Team gebraucht. Michael Schulz, von Beruf Jugend- und Heimerzieher, betont nicht nur für diesen Fall die gute und enge Zusammenarbeit mit der Polizei, sondern auch innerhalb des PSNV-Kooperationsverbundes mit Malteser, Johanniter und THW, Feuerwehr, DRK, Schulpsychologen und Kirchen. Die Einsatzbereitschaft in Ravensburg ist aufgeteilt: Jeweils die zweite Hälfte des Monats übernimmt das PSNV-Team des DRK.
Wertschätzung für jedes Gegenüber
Nach der Überbringung einer Todesnachricht durch die Polizei beispielsweise bleiben die PSNV-Einsatzkräfte bei Angehörigen, lassen sich auf diese ein, hören zu. Sie helfen die Zeit zu überbrücken, bis das soziale und familiäre Netz greift und Fachkräfte übernehmen können. „Es geht immer um die Wertschätzung des Gegenübers“, sagt Ulrike Schmid. Im Zentrum stehen die Menschen, die seelischen Beistand in der Krise benötigen. Die PSNV-Kräfte begleiten ins Krankenhaus oder zur Leichenhalle. Falls nötig kommen sie nach einigen Tagen zur Nachbetreuung.
Gesund bleiben an der eigenen Seele
Zum Team gehören Theologen und eine Ingenieurin ebenso wie Pädagogen, Pflegekräfte, Notfallsanitäter, eine Bankkauffachkraft und Geschäftsführerin, aber auch Hausfrauen und Rentner. Um die Situationen im Sinne der Betroffenen gut zu bewältigen, heißt es für Ulrike Schmid „gut fortgebildet zu bleiben“. Der umfangreichen Ausbildung mit halbjähriger Hospitation bei Einsätzen folgen daher laufend Schulungen und Supervisionen. Doch wie halten die Ehrenamtlichen das eigene Seelenleben in Balance? Ulrike Schmid und Michael Schulz sind sich einig, dass die PSNV-Engagierten von Haus aus spezielle Charaktereigenschaften mitbringen, um ein diffiziles Ehrenamt wie ihres überhaupt zu übernehmen.
Viel Anerkennung von Betroffenen
Was ebenso bedeutend ist, drückt Ulrike Schmid aus: „Wir bekommen sehr viel Anerkennung. Die Menschen können das Gefühl der Dankbarkeit gut zeigen.“ Manche Bilder müsse man aber „abarbeiten“. Sie selbst gehe viel spazieren, sagt die Lehrerin, die von ihrer Arbeit aus der Schule unterschiedlichste Krisen kennt. Schule sei heute Lebensraum, in dem alles aufploppt: Gewalt oder Tod in der Familie, Unfälle und Missbrauch. Wichtig sei es auch im Gespräch zu bleiben, anzusprechen, was belastend wirkt. Michael Schulz meint, jeder habe seine eigenen Strategien. Er und sein Team machen das, was sie auch den Betreuten empfehlen: „Wir reden sehr offen und klar darüber.“ Schulz‘ Appell: „Macht kein Schweigen aus dem Thema.“
Informationen:
Die Psychosoziale Notfallversorgung des DRK-Kreisverbandes Ravensburg wird nicht von der Krankenkasse finanziert und ist daher auf Spenden angewiesen.
Spenden-Konto:
DRK-Kreisverband Ravensburg e.V., IBAN: DE56 6505 0110 0048 0778 99, BIC: SOLADES1RVB.
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